Aktualisiert am 19/09/2024 von Bettina Kapfer
Inhaltsverzeichnis
Stress und Sexualität
Stress ist ein alltägliches Phänomen, das in unserer heutigen Gesellschaft allgegenwärtig ist. Gründe dafür, warum jemand gestresst ist, gibt es genug.
Schon alleine der Gedanke daran, alle Rollen im Leben, als Elternteil, Partner*in, Angestellte*r, Freund*in etc. gut auszubalancieren, kann enormen Druck verursachen.
Und weil Stress irgendwie eh schon der allgegenwärtige Quälgeist in unserem Leben ist, wissen wir meisten schon ganz gut, was wir ihm zu verdanken haben.
Das sind auch Themen, über die man schnell mal mit anderen offen spricht.
Und bei den meisten Themen kann man sich im Umfeld schnell mal Hilfe und Rückmeldungen holen, indem man darüber spricht.
Aber es gibt dann noch das Thema, über das die meisten eher nicht offenherzig sprechen. Vielleicht noch, wenn es super läuft. Aber man trägt doch die Probleme aus dem Schlafzimmer nicht nach außen! Oder?
Probleme in der Sexualität: Darüber spricht man doch nicht!
Beim Thema Sexualität gibt es so viele Schamgrenzen, und gerade wenn etwas nicht so perfekt läuft wie im Film, dann will man schon gar nicht darüber sprechen.
Und wenn man dann feststellt, dass man irgendwie schon länger keine Lust mehr auf Sex gehabt hat, oder man(n) keine Erektion mehr bekommt, dann stellt sich die Frage: Warum?
Ist organisch bei mir etwas nicht in Ordnung?
Muss ich meine Hormone anschauen lassen?
Ist das nur eine Phase, oder ist mein Sexualtrieb, die Libido jetzt plötzlich weg?
Wie bekomme ich wieder Lust auf Sex mit anderen oder mit mir selbst, so wie früher?
Oft mischen da dann viele negativen Gefühle mit. Zum Beispiel Scham darüber, dass man dort Probleme hat, „wo ja sonst niemand Probleme hat“.
Aber das stimmt ja überhaupt nicht. Wenn man dann doch mal offen mit anderen über Sexualität spricht, dann merkt man, dass Hollywood uns genauso falsche Vorstellung über Sex gegeben hat, wie Disney in Bezug auf Liebesbeziehungen.
Dazu kommt vielleicht auch noch das Gefühl, dass man darüber ja nicht sprechen darf, weil es etwas so Intimes ist. Was auch immer der Grund dafür ist, dass viele Menschen nicht mal mit ihren Ärzt*innen über Probleme in der Sexualität sprechen – es verstärkt die Problematik noch mehr.
Intermezzo: Medizinische Abklärung
Warum ich jetzt davon schreibe, dass es am besten ist, mit Mediziner*innen darüber zu sprechen, ohne noch überhaupt darauf eingegangen zu sein, was es mit Stress und Libido auf sich hat?
Weil ich einen Disclaimer voranstellen möchte: Wie immer, wenn ich von körperlichen Symptomen spreche, dann ist es mir wichtig zu sagen, dass das immer medizinisch abgeklärt gehört. Googeln, oder das Lesen von Blogartikeln kann helfen, bestimmte Problematiken besser zu verstehen. Aber letztlich gehören Symptome untersucht, und eine organische Ursache ausgeschlossen. Nicht von Dr. Google, sondern von Fachkräften die dafür die richtige Expertise haben!
So, aber jetzt gehen wir in medias res, und ich spanne dich nicht länger auf die Folter.
Auswirkungen von Stress auf die Sexualität
Unser Gehirn versucht ja permanent, den Körper in einem Zustand der Homöostase, also des Gleichgewichts, zu halten. Dafür hat er das autonome Nervensystem zur Verfügung, mit den beiden Gegenspielern: Sympathikus (das Gaspedal, für Kampf & Flucht) und den Parasympathikus (die Bremse, für Entspannung und Ruhe).
Wenn du das im Detail nachlesen möchtest, dann schau dir den Blogartikel zu den 15 entspannenden Übungen durch Aktivierung des Parasympathikus an. Dort findest du im ersten Teil auch die Theorie zum autonomen Nervensystem beschrieben.
Die Nervenbahnen des autonomen Nervensystems verbinden unser Gehirn, die Steuerungszentrale, mit allen Bereichen unseres Körpers. Darunter eben auch unsere Sexualorgane.
Unsere Verdauung wird zum Beispiel sowohl von Sympathikus (hemmt die Verdauung, weil während Kampf oder Flucht einen Busch suchen zu müssen war halt eher unpraktisch) als auch Parasympathikus (ich bin entspannt, also kann ich mir ruhig Zeit für eine Sitzung nehmen…) gesteuert.
Stress und Erektionsprobleme
Oft werfen Frauen Männern ja vor, dass sie es beim Sex ja sehr einfach haben. Dabei stimmt das nicht, wenn man sich anschaut, wie die Sexualfunktion beim Mann gesteuert wird.
Damit eine Erektion passiert, braucht es den Parasympathikus. Es braucht also Entspannung, damit sich der Schwellkörper im Penis mit Blut füllen kann. Das ist eine fast mechanisch ablaufende, hydraulische Funktionsweise…
Für Orgasmus und Ejakulation ist dann aber der Sympathikus zuständig.
Was bedeutet das jetzt für den gestressten Mann? Einerseits kommt es zu keiner (ausreichenden) Erektion, weil dafür der Parasympathikus, also der Entspannungsmodus unseres Nervensystems aktiv sein müsste. Aber nachdem ja der Sympathikus am Steuer ist, kommt es relativ rasch zu einem (vielleicht so zeitig noch gar nicht gewollten) Samenerguss.
Das ist schon fast ein bisschen paradox, oder?
Und: Auch bei Frauen braucht es den im Entspannungsmodus aktiven Parasympathikus, damit ihr Schwellkörper – die Klitoris – besser durchblutet werden und anschwellen kann.
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Stress als Lustkiller
Wenn man sich vor Augen hält, dass bei „Stress“ im Jahr 2023 die selben körperlichen Vorgänge ablaufen wie bei „Säbelzahntiger frisst mich gleich“ von unseren Steinzeit-Vorfahren, dann versteht man den Zusammenhang von Stress und Libidoverlust vielleicht etwas einfacher.
Säbelzahntiger und entspannter Sex, das passt nicht so gut zusammen…
Wenn es darum geht, nicht gefressen zu werden, dann ist der Körper einfach binnen Millisekunden im Ausnahmezustand. Alles, was nicht überlebensnotwendig ist, wird zurück gefahren oder eingestellt.
Darum wirkt Stress so stark aufs Verdauungssystem. Wir haben dann nämlich keine Zeit, um einen Busch zu suchen. Das muss warten.
Und bitte was würde man mit einer Erektion anfangen, wenn es darum geht, möglichst schnell vor dem Tiger zu flüchten? Wäre wohl nicht so praktisch, während man(n) ums Überleben kämpft.
Es war überlebenswichtig, dass ALLE Ressourcen des Körpers für die Kampf- oder Flucht Reaktion zur Verfügung gestellt werden. Das war so ein mega erfolgreiches System, dass es – frei nach Darwin – auch heute noch unsere Reaktion auf Stressoren bestimmt.
Stressfaktoren und Sexualität
Es gibt viele verschiedene Arten von Stressoren, die das sexuelle Verlangen beeinflussen können. Hier einige Beispiele (die du vielleicht auch von dir kennst?):
- Stress in der Arbeit: Überforderung am Arbeitsplatz, lange Arbeitszeiten und ständige Erreichbarkeit
- Stress in Beziehungen: Unsicherheit, Konflikte, mangelnde Kommunikation oder auch unerfüllte oder nicht angesprochene sexuelle Wünsche und Vorlieben
- Finanzieller Stress: Geldsorgen und finanzielle Belastungen sind oftmals enorm belastend
- Gesundheitliche Probleme: Gesundheitliche Probleme wie chronische Schmerzen, Depressionen und Angstzustände können ebenfalls zu einem Libidoverlust führen. Diese Probleme können Körper und/oder Geist belasten und dazu führen, dass man entweder sich selbst weniger attraktiv fühlt oder sich auch weniger von Partner*in angezogen fühlt.
Ich glaube, es ist sehr wichtig zu verstehen, dass sowohl Stress als auch ein möglicher Libidoverlust ganz natürliche Reaktionen des Körpers auf eine herausfordernde Situation sind.
Das soll aber nicht heißen, dass man das jetzt einfach so hinnehmen oder gut finden soll. Aber der erste Schritt (nach einer allfälligen medizinischen Abklärung) sollte sein, zu akzeptieren dass man gerade viel um die Ohren hat, und unser schlaues Gehirn mit all den neuronalen und hormonellen Systemen uns vor einer Überlastung schützen möchte.
Die Rolle der Stresshormone
Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass Cortisol das „Stresshormon“ ist. Tatsächlich gibt unser Gehirn beim Einleiten der Kampf- oder Flucht-Reaktion Befehle, die dazu führen, dass Cortisol ausgeschüttet wird.
Das macht auch absolut Sinn, weil Cortisol und auch Adrenalin mobilisieren die Energiereserven des gesamten Körpers (das kommt ganz gelegen bei der Kampf- oder Flucht-Reaktion).
Eine weitere mögliche Erklärung für den Zusammenhang zwischen Stress und Lustlosigkeit im Bett ist die Tatsache, dass chronischer Stress unsere Hormonproduktion beeinträchtigen kann. Insbesondere kann es zu einer Fehlregulation des Cortisolspiegels im Körper kommen.
Wenn wir über einen längeren Zeitraum hohen Stress ausgesetzt sind, kann der Cortisolspiegel chronisch erhöht bleiben, was zu einem Ungleichgewicht in anderen Hormonen führen kann, die für die Libido wichtig sind.
Zum Beispiel kann chronischer Stress den Spiegel von Testosteron senken, einem Hormon, das sowohl bei Männern als auch bei Frauen für die sexuelle Erregung wichtig ist.
Bei Männern kann ein niedriger Testosteronspiegel auch zu Erektionsproblemen führen, während bei Frauen ein niedriger Testosteronspiegel zu einer Verringerung des sexuellen Verlangens führen kann. Zusätzlich kann chronischer Stress auch die Produktion von Östrogenen, Progesteron und anderen Hormonen beeinträchtigen, die für die sexuelle Gesundheit, Fortpflanzungsfähigkeit und das Wohlbefinden wichtig sind.
Neben der Hormonproduktion kann chronischer Stress auch das Immunsystem schwächen, was zu einer höheren Anfälligkeit für Infektionen und Entzündungen führen kann. Das kann insbesondere bei Frauen zu Schmerzen und Unbehagen beim Geschlechtsverkehr führen, was wiederum zu einer Abnahme der sexuellen Lust führen kann.
Sonstige Stressoren und Sexualität
Stress beeinflusst unsere Sexualität nicht nur dadurch, dass die Lust auf Sex reduziert wird. Wenn die Gedanken um ein Thema oder Problem kreisen, dann kann das schon mal dazu führen, dass wir zwar Sex initiieren oder auf Avancen von unseren Partner*innen eingehen.
Aber wenn dann während dem Geschlechtsverkehr die Gedanken ganz wo anders sind, dann kann das schon auch mal dazu führen, dass der Orgasmus nicht kommen will (pun intended 😉) oder der Sex nicht ganz befriedigend ist.
Stress wirkt auch noch über die Beziehung auf indirekte Weise. Nämlich dann, wenn wir durch den Stress gereizt oder einfach unausgeglichen sind. Dann spüren das die Menschen, denen wir am nächsten sind, ja am stärksten, und bekommen manchmal mehr ab, als wir das eigentlich wollten.
Nicht immer ist dann heißer Versöhnungssex das Resultat (da wären wir wieder bei den Vorstellungen, die Hollywood uns vermittelt…). Manchmal ist dann halt einfach nur Beziehungsstunk und Frust im Bett die Folge, wenn es zwischenmenschlich gerade nicht so gut läuft.
Darüber hinaus kann chronischer Stress auch zu Müdigkeit, Schlafstörungen und anderen körperlichen Beschwerden führen – was wiederum dann das sexuelle Verlangen beeinträchtigen kann.
Es ist nicht immer nur der Stress…
Zusammengefasst gibt es – nach Abklärung der medizinischen Grundlagen – viele verschiedene, direkte und indirekte Faktoren rund um Stress, die zu reduziertem sexuellen Verlangen führen können.
Dann des Pudels Kern zu finden, ist nicht immer so leicht, wie man sich das wünscht. Selbstmitgefühl und Zeit, um sich das Thema anzuschauen, helfen.
Auswirkungen von Sexualität auf Stress
Nachdem ich jetzt so ausführlich darüber berichtet habe, wie negativ sich Stress auf die Libido und Sexualität auswirken kann, wird dich der nächste Absatz vielleicht ein bisschen wundern.
Es gibt nämlich auch die andere Richtung.
Sex, und ein Orgasmus, kann nämlich auch ganz wunderbar entspannen (ich vermute mal, das weißt du bereits 😇).
Zärtlichkeiten, Berührungen, Nähe und eben auch Geschlechtsverkehr bewirken einerseits die Aktivierung des Entspannungssystems (Parasympathikus). Und gleichzeitig wird auch das Bindungs- und Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet. Dadurch wird das Stresshormon Cortisol im Körper verringert, und dadurch Stress reduziert.
Wichtig ist, dass das eben auch „bloße“ Zärtlichkeiten oder Berührungen sein können. Also wenn keine Lust auf Sex aufkommt, dann muss man das ja auch nicht erzwingen.
Die Kernaussage ist, dass – sofern man Lust auf Sex (mit sich oder anderen) hat, es den vorhandenen Stress auch mindern kann, weil es eine Entspannungsmöglichkeit ist. Was ich nicht damit sagen möchte, ist, dass man sich (oder andere – das sowieso nie) zu etwas überreden sollte, was man nicht unbedingt möchte. Gut hineinhören, was es gerade wirklich braucht, kann dabei helfen.
Conclusio
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Stress und eine Abnahme des sexuellen Verlangens und Lustlosigkeit im Bett eng miteinander verbunden sein können. Chronischer Stress kann sowohl psychologische als auch physiologische Auswirkungen haben, die zu einem Rückgang des Bedürfnisses nach Sex führen können.
Das ist eine normale Reaktion auf Belastungen und Herausforderungen. Also das darf schon auch mal sein.
Gleichzeitig hat Stress so viele negative Folgen für unsere Gesundheit, dass es sich wirklich auszahlt, den Stress rechtzeitig zu reduzieren. Für mehr Lebensqualität, Gesundheit und natürlich auch Genuss 😏
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- du dein Ziel erreichst und das Gefühl hast, dass du stolz auf dich und deinen Erfolg sein darfst - weil du spürst, dass gut genug bist
- Gedanken und Puls beim Schlafengehen ganz ruhig sind, du die Nacht durchschläfst und in der Früh erholt aufwachst
- du deine Balance findest, in all deinen beruflichen und privaten Rollen - und du selbst nicht mehr auf der Strecke bleibst
- du in eine herausfordernde Situation gerätst und gelassen deine Strategien abrufst, sodass du ruhig und ganz bei dir selbst bleibst
Ich bin Bettina, Psychologin und Coachin, und ich unterstütze Menschen mit Verantwortung dabei, auch ambitionierte Ziele ruhig und gelassen zu erreichen. Voller Fokus auf eine gute Balance von Ziel, Lebensqualität und Gesundheit. 🎯
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