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Wenn Perfektionismus zur Falle wird: Von Stärke zur Belastung

Bild eines Menschen, der über eine gespannte Highline einen Abgrund überwindet (mit Sicherung) als Sinnbild für den schmalen Grat von Perfektionismus
Perfektionismus intelligent nutzen statt bekämpfen: In diesem Artikel erfährst du, wie du deine hohen Ansprüche beibehältst und trotzdem mehr Balance findest.

Aktualisiert am 13/03/2025 von Bettina Kapfer

Sprachliche Selbstkontrolle

Inhaltsverzeichnis

Perfektionismus verstehen: Ursachen und Wirkung

Woran erkennt man Perfektionismus?

Die E-Mail zum fünften Mal überarbeiten. Nach dem Abschicken nochmal den Postausgang checken und dort weitere Verbesserungsmöglichkeiten entdecken. Drei Stunden an einer Präsentation feilen, die andere in 30 Minuten erstellt hätten. Das ständige Gefühl, dass es noch nicht gut genug ist, obwohl andere häufig rückmelden, dass die Qualität hervorragend ist (aber das glaubst du ihnen nicht, oder?)

 

Perfektionismus hat zwei Gesichter im (Arbeits)Alltag: Einerseits sorgt er für durchdachte Konzepte, fehlerfreie Präsentationen und zuverlässige Ergebnisse – Qualitäten, für die du geschätzt wirst. Andererseits führt er zu stundenlangem Überarbeiten bereits guter Arbeit, zur Unfähigkeit, Aufgaben zu beginnen oder endlich abzugeben, und zu einem inneren Maßstab, der praktisch nie erreicht werden kann. Diese Dualität macht Perfektionismus zu einer wertvollen Persönlichkeitseigenschaft, die uns einerseits Anerkennung bringt, aber gleichzeitig eine echte Herausforderung sein kann, wenn wir damit übers Ziel hinausschießen.

 

Für mich ist die interessante Frage nicht, ob Perfektionismus gut oder schlecht ist – sondern wann er seine Wirkung positiv entfaltet und wann er uns im Weg steht. Beziehungsweise müsste man eigentlich sagen, dass wir uns selbst damit im Weg stehen…

 

In diesem Blogartikel geht es daher darum, wie du deinen Perfektionismus gezielt dort einsetzen kannst, wo er den größten Effekt erzielt, ohne dich zu erschöpfen. Es geht nicht um weniger Anspruch, sondern um intelligentere Entscheidungen – damit du nachhaltig leistungsfähig bleibst und deine Qualitätsstandards langfristig aufrechterhalten kannst.

Perfekt aufgeräumter Schreibtisch mit einem zentral platzierten Bildschirm, auf dem "Do more" zu lesen ist.

Anzeichen für schädlichen Perfektionismus

Leere trotz Erfolg: Das Perfektionismus-Paradox

Das ⬇️ ist dein Perfektionismus-Test: Wie oft nickst du bejahend? 😉

Du hast gerade ein großes Projekt abgeschlossen, das Feedback ist hervorragend, und eigentlich solltest du stolz sein. Doch statt Freude fühlst du… nichts. Oder schlimmer noch: Du fokussierst dich sofort auf die kleine Stelle, die nicht perfekt war. Das eine Detail, das du verbessern könntest, wenn du nur noch eine Woche Zeit hättest. E-Mails liest du auch nach dem Abschicken nochmals – und obwohl du vorab mehrfach kontrolliert hast, findest du natürlich etwas, das nicht passt.

 

Dieses Phänomen ist so verbreitet, dass ich es das „Perfektionismus-Paradox“ nenne. Vermutlich nennen es andere auch so, ich habe leider gerade keine Quellenangabe dafür (lass mich bitte wissen, falls du eine Quelle hast, dann ergänze ich das!)

Je höher die Ansprüche, desto schwieriger wird es, echte Zufriedenheit zu empfinden. Der Erfolg wird vorausgesetzt, das ist der Standard, während Fehler und Unvollkommenheiten unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit bekommen.

Was hier passiert, ist eine klassische kognitive Verzerrung: Du blendest all das Positive aus und fokussierst dich ausschließlich auf die (oft minimalen) Mängel. Das ist, als würdest du in einem prächtigen Garten nur das eine Unkraut sehen. Diese selektive Wahrnehmung raubt dir die Fähigkeit, deine tatsächlichen Erfolge zu würdigen und zu genießen. 🔍

Das ist doch doof – woher kommt denn das?  

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Ist dein Stress-Level zu hoch?

Alles im grünen Bereich oder ist es höchste Eisenbahn, dass du etwas gegen deine Stressbelastung unternimmst?

Ursachen für perfektionistisches Verhalten

Mensch mit einer High Bun Frisur im Profil hält sich ein Buch vor das Gesicht.

Perfektionismus fällt nicht vom Himmel. Er hat eine Geschichte – deine Geschichte. Oft beginnt sie in der Kindheit, wenn wir lernen, dass Anerkennung an Leistung gekoppelt ist. Das kleine Mädchen, das für die Eins im Diktat gelobt wird, aber bei einer Zwei Stirnrunzeln erntet. Der Junge, dessen Vater nur dann Interesse zeigt, wenn er im Fußball brilliert. [No Stereotype was harmed for this example 😝] Diese frühen Verknüpfungen sitzen… 🧠

Aber es geht mir gar nicht darum, alle „Fehler“ in der Kindheit zu suchen, und den Eltern einen Vorwurf zu machen.

Auch gesellschaftliche Botschaften spielen eine entscheidende Rolle. „Gut ist nicht gut genug.“ „Wenn du nicht besser wirst, wirst du schlechter.“ „No pain, no gain.“ Diese Sprüche hören wir ja ständig – in der Schule, an der Uni, in der Arbeit.  

Im Job werden sie nicht nur wiederholt, sondern oft auch von den Kolleg*innen so nebenbei fallen gelassen. All das geht ja nicht einfach an uns vorbei, sondern wird oft dann zu einem Maßstab, den wir für uns selbst übernehmen.

Die Transaktionsanalyse nennt diese verinnerlichten Botschaften „Innere Antreiber“ – und sie können sehr bestimmende, lebenslange Begleiter werden. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann lies weiter im Blogartikel 5 Innere Antreiber: Wie sie dich vorwärts bringen und gleichzeitig stressen

Langzeitbelichtung eines Riesenrads bei Nacht, sodass der Eindruck eines durchgehenden Kreises entsteht.

Der Teufelskreis aus Perfektionismus und Erschöpfung

Es beginnt harmlos: Du arbeitest ein bisschen länger, um ein Projekt richtig gut abzuschließen. Du überprüfst deine E-Mails am Wochenende, „nur um sicherzugehen“. Du sagst ein Treffen mit Freund*innen ab, weil du doch nicht rechtzeitig fertig geworden bist, so kannst du die Präsentation wirklich nicht herzeigen.

Nach und nach etabliert sich ein Muster: Arbeit – Erschöpfung – noch mehr Arbeit – noch mehr Erschöpfung. Der Perfektionismus fordert immer mehr Zeit und Energie, während die Regenerationsphasen immer kürzer werden.

In diesem Stadium beginnt der Teufelskreis richtig zu greifen:

  1. Dein Perfektionismus treibt dich zu immer höheren Leistungen
  2. Die hohe Belastung führt zu Erschöpfung
  3. Erschöpft arbeitest du ineffizienter und machst mehr Fehler
  4. Diese Fehler bestätigen deine Angst, nicht gut genug zu sein
  5. Du kompensierst, indem du noch härter arbeitest
  6. Die Erschöpfung verstärkt sich…

 

Dieser Kreislauf ist besonders tückisch, weil er schleichend beginnt und sich langsam steigert. Wie der Frosch im langsam erhitzten Wasser merkst du oft nicht, wie die Belastung kontinuierlich zunimmt – bis du an einem Punkt angelangst, an dem selbst alltägliche Aufgaben zur Herausforderung werden.

Bitte schäme dich nicht dafür!!!

Warum ich das mit drei Ausrufezeichen schreibe? Gerade Menschen mit hohen Ansprüchen an sich selbst, die immer top Arbeit geleistet haben, können es gar nicht begreifen, wie es so weit kommen konnte. Dass sie so neben der Spur stehen…das höre ich immer wieder im Coaching!  

Aber es ist wirklich eine teuflische Abwärts-Spirale, die ich mit meinen Klient*innen Schritt für Schritt wieder zurück nach oben drehe. Natürlich ist es blöd, wenn man es so weit hat kommen lassen – aber das Einzige, was dann zählt ist, dass man sich Hilfe holt und den Weg zurück findet. Vogel-Strauß-Politik hilft dann wirklich nicht mehr.  

 

Wenn man das so liest, dann könnte man ja eigentlich sagen, weg mit dem Perfektionismus, der zieht dich nur ins Burnout. Oder? Wie so oft in der Psychologie ist es nicht ganz so einfach.

Verpixeltes Bild eines Menschen als Sinnbild für Perfektionismus

Die Identitätsfrage bei Perfektionist*innen

Die eigenen hohen Standards gehören zum Selbstbild und sind Teil dessen, worauf viele leistungsstarke Menschen zu Recht stolz sind. Diese Standards aufzugeben würde bedeuten, einen wesentlichen Teil der eigenen Identität wegzuwerfen, und das kann imho nicht das Ziel sein!

Der Schlüssel liegt für mich nicht darin, die hohen Anforderungen zurückzuschrauben oder sich mit Mittelmäßigkeit zufriedenzugeben. Im Gegenteil: Ehrgeiz und Qualitätsbewusstsein sind wertvolle Treiber für persönliches Wachstum und beruflichen Erfolg.

Aber es ist schon auch ein bisschen eine Kunst, strategisch zu entscheiden, wo sich der volle Perfektionismus lohnt und wo eine gute Balance zwischen Aufwand und Ergebnis sinnvoller ist.

Hochstapler-Syndrom und Perfektionismus

„Irgendwann werden sie alle merken, dass ich das eigentlich gar nicht kann.“ „Ich bin nur durch Glück so weit gekommen.“ „Ich muss doppelt so hart arbeiten, damit niemand meine Inkompetenz bemerkt.“

Erkennst du dich in diesen Gedanken wieder? Das Hochstapler-Syndrom (Impostor Syndrome) und Perfektionismus sind eng miteinander verwoben. Beide nähren sich gegenseitig in einem tollen Kreislauf:

Innere Hochstaplerin flüstert:Du bist nicht gut genug.
Perfektionistin antwortet: „Dann muss ich eben perfekt sein, damit es niemand merkt.“

Es gibt Studien zu beruflich erfolgreichen Menschen, die zeigen, dass die Mehrzahl von ihnen mindestens einmal in ihrem Leben mit dem Hochstapler-Syndrom kämpft. Besonders häufig tritt es bei hochqualifizierten Frauen auf – obwohl sie objektiv betrachtet hervorragende Leistungen erbringen.

Das Paradoxe: Je mehr du leistest, desto höher schraubst du die Messlatte – und desto sicherer bist du, ihr nicht gerecht zu werden. Ein 💩Teufelskreis, der selbst bei brillanten Köpfen zu chronischen Selbstzweifeln führen kann. 🔄

Perfektionismus bloß nicht ablegen!

Ohne einen gewissen Grad an Perfektionismus wären viele großartige Errungenschaften nie entstanden. Die Durchbrüche in der Medizin, technologische Innovationen, künstlerische Meisterwerke – sie alle verdanken wir Menschen, die sich weigerten, mit „gut genug“ zufrieden zu sein.

Hohe Standards sind in unserer schnelllebigen Welt auch ein echter Wettbewerbsvorteil. Sie sorgen dafür, dass du aus der Masse herausstichst. Dass deine Arbeit bemerkt wird. Dass man sich auf dich verlassen kann, wenn es wirklich darauf ankommt.

Perfektion anzustreben bedeutet auch, kontinuierlich zu wachsen und zu lernen. Dieser Prozess – nicht das perfekte Endergebnis – ist oft die eigentliche Belohnung.

Also lass dir von niemandem einreden, dass du deinen Perfektionismus komplett ablegen solltest! Abgesehen davon, dass das vermutlich ohnehin nicht realistisch ist, würdest du dir damit wahrscheinlich selbst auch keinen Gefallen tun…

 

Das ist ja schön und gut, Bettina – aber was mache ich denn jetzt, mir geht es doch nicht gut, so wie es jetzt läuft? 🙄

Da hast du natürlich Recht, und wenn du Anzeichen für überschießende Perfektionismus-Tendenzen bei dir siehst, dann solltest du etwas verändern.

Kleiner Spoiler: „Ich mache ab jetzt nur noch 80%“ funktioniert für die meisten Perfektionist*innen nicht, das geht ja gegen alles, was sie zuvor für wichtig erachtet haben. In meinen Coachings verhandeln wir sehr ausführlich mit den perfektionistischen Anteilen, und da braucht es mehr als nur eine Einigung auf eine Prozentzahl 😉  

 

Schach Matt in einem Schachspiel, bei dem weiß schwarz schlägt als Sinnbild für Perfektionismus.

Körperliche Warnsignale erkennen und verstehen

Unser Körper ist schlauer als wir denken – und oft meldet er sich zu Wort, wenn der Perfektionismus überhandnimmt. Es sind oft die klassischen Stress-Symptome, die dann auftauchen. Denn die Stress-Reaktion haben wir immer, wenn unser schlaues Hirn zur Bewertung kommt: Unsere Ressourcen könnten für die Bewältigung einer Aufgabe nicht ausreichen.

Bei super hohen Standards und einer Arbeitsweise die maximale Qualität anstrebt und entsprechend viel Zeit braucht: da wird das System öfters mal schreien und sagen: Huhuhu, das wird sich so nicht alles ausgehen…

Mögliche körperliche Warnsignale sind:

  • Wiederkehrende Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich
  • Verdauungsprobleme, die keinen medizinischen Grund haben
  • Schlafstörungen, besonders Einschlafprobleme und nächtliches Grübeln
  • Ständige Müdigkeit trotz ausreichend Schlaf
  • Kopfschmerzen, besonders gegen Ende der Arbeitswoche

 

 

Diese Symptome sind keine Schwäche und kein Zufall – sie sind dein körpereigenes Alarmsystem. Das Problem: Viele Menschen neigen dazu, diese Signale zu ignorieren oder zu überspielen. Push through the pain wird zum Mantra, bis der Körper keine andere Wahl hat, als lauter zu schreien.

 

Das wäre jetzt übrigens ein guter Moment, um kurz mal innezuhalten und dich zu fragen: Gibt es da etwas, das ich ignoriere? Das ich schon zu lange wegschiebe?

Die versteckten Kosten des Perfektionismus

Gesundheit, Beziehungen und Lebensfreude als Preis

Von den gesundheitlichen Auswirkungen habe ich ja im obigen Absatz bereits gesprochen.

Aber auch im Beziehungsbereich sind die Kosten oft schmerzlich spürbar. Du sagst gerne ja zu Einladungen und freust dich auch auf Treffen. Aber am Tag der Verabredung selbst merkst du: Das geht sich heute nicht aus, da muss heute noch etwas fertig werden. Also sagst du schon wieder ab. Und hoffst, dass du trotz der vielen Absagen noch von deinen Freund*innen eingeladen wirst.

Für dein Umfeld ist schon länger klar, was du so vielleicht gar nicht sagen würdest: Die Arbeit kommt bei dir zuerst, alles andere muss warten. Während du an der Perfektion deiner Projekte feilschst, warten Freund*innen vergeblich auf deine Zeit und Aufmerksamkeit.

Vielleicht am subtilsten ist der Verlust der Lebensfreude. Die Fähigkeit, im Moment zu sein, kleine Erfolge zu feiern oder spontan zu handeln – all das wird vom ständigen Streben nach Perfektion in den Hintergrund gedrängt. Es bleibt kaum mehr Raum für Leichtigkeit. 😔

Aufgeschobenes Leben durch Perfektionismus

„Wenn dieses Projekt abgeschlossen ist, nehme ich mir Zeit für mich.“
„Sobald ich die Beförderung habe, kümmere ich mich um meine Gesundheit.“
„Ich muss nur noch bis zum Urlaub durchhalten.“

 

So ähnliche Gedanken kenne ich von früher noch sehr gut – ich erkenne sie auch sehr oft bei meinen Coaching-Klient*innen. Das Problem: Es gibt immer ein nächstes Projekt, eine nächste Herausforderung, ein nächstes Ziel. Der richtige Zeitpunkt für Selbstfürsorge oder Beziehungspflege kommt irgendwie nie. Wer hätte das gedacht… 🤷‍♀️

Mit der Zeit kann es passieren, dass du die Fähigkeit verlierst, überhaupt abzuschalten. Dein Gehirn ist so eingestellt auf konstante Leistung und Optimierung, dass Entspannung fast unmöglich wird. Selbst im Urlaub kreisen die Gedanken um unerledigte Aufgaben oder Verbesserungsmöglichkeiten.

Dieses ständige Verschieben des „echten Lebens“ auf später ist leider ein wiederkehrendes Muster, das ich bei vielen Menschen mit ausgeprägten Perfektionismustendenzen beobachte.

Mensch, dessen Kopf man nicht sieht, schreibt auf einem Blatt, das auf vielen anderen Blättern liegt als Sinnbild für Perfektionismus.

Weniger Ergebnisse trotz mehr Arbeit

Hier wird es interessant: Ab einem gewissen Punkt kann mehr Perfektionismus tatsächlich zu weniger Ergebnissen führen. Das mag überraschen, ist aber in der Praxis gut zu beobachten.

Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle:

  1. Aufschieben durch zu hohe Ansprüche: Wenn deine Standards extrem hoch sind, kann allein der Gedanke an den Beginn einer Aufgabe überwältigend sein. Das weiße Blatt bleibt weiß, weil jeder erste Entwurf zwangsläufig unvollkommen sein wird.
  2. Entscheidungsschwierigkeiten: Die Suche nach der perfekten Lösung kann dazu führen, dass du gar keine Entscheidung triffst. Du wägst endlos ab, vergleichst Optionen – und kommst nicht voran.
  3. Energieverlust durch Überarbeitung: Wer ständig alles gibt, arbeitet irgendwann mit weniger Energie. Dauerstress und Schlafmangel beeinträchtigen deine Konzentration und Kreativität.
  4. Details statt Gesamtbild: Als Perfektionist*in konzentrierst du dich manchmal so stark auf Einzelheiten, dass du den Überblick verlierst. So entstehen durchdachte Lösungen, die am eigentlichen Ziel vorbeigehen.
  5. Auswirkungen auf Teams: Ein zu hoher Perfektionsanspruch kann Kolleg*innen entmutigen, eigene Ideen einzubringen oder Initiative zu ergreifen.
  6. Auswirkung auf Familie: Es ist manchmal schwierig sich einzugestehen, dass auch das private Umfeld oft unter den kaum zu erreichenden Standards leiden, und das Gefühl haben, nicht zu genügen. Das ist nicht schön – und wahrscheinlich möchtest du deinen Lieben auch ein anderes Gefühl vermitteln, oder?

 

Die Ironie liegt auf der Hand: Gerade dein Bestreben, hervorragende Ergebnisse zu liefern, kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass du weniger erreichst als mit einem ausgewogeneren Ansatz.

Diese versteckten Kosten des Perfektionismus sprechen nicht gegen hohe Standards oder Qualitätsbewusstsein. Sie sind vielmehr eine Einladung, deinen Perfektionismus bewusster und gezielter einzusetzen – genau dort, wo er wirklich wertvoll ist, ohne dass andere Lebensbereiche darunter leiden.

Perfektionismus intelligent nutzen: Dein Weg zur Balance

Waage als Symbol für ausgeglichene Work Life Balance

Funktionaler und dysfunktionaler Perfektionismus

Perfektionismus ist nicht grundsätzlich problematisch – entscheidend ist, wie er sich in deinem Leben zeigt. Funktionaler Perfektionismus treibt dich zu Höchstleistungen an und bringt dich weiter, während dysfunktionaler Perfektionismus dich ausbremst und auslaugt.

Der Unterschied liegt nicht in den Standards selbst, sondern in deiner Beziehung zu ihnen.

✅ Funktionaler Perfektionismus ist flexibel, kontextabhängig und steht im Dienst deiner Ziele.

❌ Dysfunktionaler Perfektionismus ist starr, allumfassend und wird zum Selbstzweck, der deine eigentlichen Ziele unterläuft.

 

Beobachte deinen Perfektionismus kritisch: Hilft er dir, deine Vision zu verwirklichen? Oder verlierst du dich im Streben nach Makellosigkeit so sehr, dass du das eigentliche Ziel aus den Augen verlierst? Diese ehrliche Selbstreflektion ist der erste Schritt zur bewussteren Nutzung deines Perfektionismus.

 

Die 80/20-Regel: Wo sich Perfektion wirklich lohnt

Die Pareto-Regel lässt sich perfekt auf den Umgang mit Perfektionismus anwenden: 20% deiner Aufgaben verdienen 80% deiner Energie und Aufmerksamkeit. Identifiziere diese kritischen 20% – die Aufgaben, Projekte und Bereiche, bei denen es tatsächlich einen bedeutenden Unterschied macht, wenn du ein perfektes Ergebnis ablieferst.

Frage dich bei jeder Aufgabe: „Welche Qualität ist hier angemessen? Welchen Mehrwert bringt hier der letzte Schliff wirklich?“ Ein wichtiger Kundenvortrag mag deine volle perfektionistische Aufmerksamkeit verdienen – eine interne E-Mail wahrscheinlich nicht.

Frau sitzt mit ihrem Laptop und Handy im Bett und arbeitet als Sinnbild für Perfektionismus

Strategisches Delegieren

Qualität sichern, ohne alles selbst zu tun

Delegation gehört zu den größten Herausforderungen für Menschen mit hohen Qualitätsansprüchen. Der Gedanke „Bis ich alles erklärt habe, hätte ich es dreimal selbst erledigt“ ist verständlich – und doch führt genau dieses Denken in die Überlastungsfalle.

Der Schlüssel liegt in einem Perspektivwechsel: Delegation ist kein Entweder-Oder, sondern ein Spektrum mit verschiedenen Graden der Beteiligung. Je nach Wichtigkeit der Aufgabe kannst du zwischen verschiedenen Stufen wählen – von „Recherchiere und berichte mir“ bis zu „Handle eigenständig und informiere mich im Nachhinein“.

Besonders hilfreich ist es, bei wichtigen Aufgaben deine impliziten Qualitätsstandards explizit zu machen. Statt nur zu sagen, WAS gemacht werden soll, erkläre auch, WARUM bestimmte Aspekte wichtig sind. Diese Einsichten in deine Denkweise sind für dein Team wertvoller als jede Checkliste.

 

Ein praktischer Ansatz ist die Priorisierung deiner Standards:

  • Was sind absolute „Must-haves“, bei denen es keine Kompromisse geben darf?
  • Welche Aspekte sind wichtig, aber mit einem gewissen Spielraum („Should-haves“)?
  • Was wäre zwar schön, ist aber nicht entscheidend („Nice-to-haves“)?

Diese Klarheit gibt deinem Team Orientierung und dir mehr Gelassenheit, da nicht jede Abweichung gleich ein Problem darstellt.

Wie bei jedem neuen Skill gilt auch hier: Übung macht den Meister. Beginne mit überschaubaren Aufgaben und erweitere schrittweise deinen Delegations-Komfortbereich. Du wirst feststellen, dass dein Team mit der Zeit nicht nur deine Standards verinnerlicht, sondern auch eigene, wertvolle Perspektiven einbringt.

Die Belohnung für gelungene Delegation? Mehr Zeit für strategische Aufgaben, ein wachsendes Team und nicht zuletzt die Erkenntnis, dass hervorragende Ergebnisse auf verschiedenen Wegen entstehen können – nicht nur auf deinem 😉

Deine individuelle Strategie

Der Umgang mit Perfektionismus ist keine Einheitslösung – er muss zu deiner Persönlichkeit, deinen beruflichen Anforderungen und deinem individuellen Werdegang passen. Was für eine Person funktioniert, mag für eine andere völlig ungeeignet sein.

Deine Perfektionismus-Auslöser sind einzigartig – ebenso wie die Strategien, die für dich am besten funktionieren. Einige Menschen profitieren von strikten Zeitlimits für bestimmte Aufgaben. Andere brauchen klare Kriterien, wann etwas „fertig“ ist. Wieder andere arbeiten besser, wenn sie bestimmte perfektionistische Tendenzen bewusst in definierte Bereiche kanalisieren.

In meinen Coachings erarbeite ich gemeinsam mit Klient*innen genau diese individuellen Strategien. Wir identifizieren die persönlichen Trigger, finden die richtigen Balance-Punkte und entwickeln praktische Werkzeuge für genau deinen Alltag. Wenn du spürst, dass du dabei Unterstützung brauchst, lade ich dich herzlich ein, ein unverbindliches Erstgespräch zu vereinbaren.

Conclusio

Perfektionismus ist weder Feind noch Allheilmittel – er ist ein wertvolles Werkzeug, das bewusst eingesetzt werden will. Deine hohen Standards haben dich dahin gebracht, wo du heute stehst, und ich plädiere keinesfalls dafür, sie komplett abzulegen.

Es geht vielmehr darum, deinen Perfektionismus gezielt dort einzusetzen, wo er den größten Unterschied macht, und ihn in anderen Bereichen etwas lockerer zu handhaben. Statt blind in allen Lebensbereichen 150% zu geben, kannst du lernen, strategisch zu entscheiden: Hier lohnt sich der volle Einsatz, dort reicht ein gutes Ergebnis völlig aus.

Denn seien wir mal ehrlich: Wenn du ein „gutes“ Ergebnis ablieferst, wird es ja trotzdem noch irgendwo bei den 120% sein und damit wesentlich besser als das Mittelmaß, dass wir sonst so beobachten, oder?

Netter Nebeneffekt ist, dass du damit deine Energie besser steuerst und dann am Ende des Tages vielleicht noch ein bisschen Leben für dich übrig bleibt. Denn das will dein Perfektionismus ja eigentlich für dich: Dass es dir so gut wie möglich geht! 💪

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Stress reduzieren, Resilienz stärken und Ziele erreichen – das sind die Themen, bei denen ich dich unterstützen möchte – und über die ich auch sonst leidenschaftlich gerne spreche und schreibe.

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In diesem Sinne: Viel Spaß mit dem ZuRechtPsychologie Hirnfutter, 

Bettina

Gründerin ZuRechtPsychologie

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